Der Schrei der Engel by R.J. Ellory

Der Schrei der Engel by R.J. Ellory

Autor:R.J. Ellory [Ellory, R.J.]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2013-08-03T22:00:00+00:00


47

Die spärlichen Überreste des Opfers aus der Mülltonne lagen auf dem stählernen Operationstisch. Auf einem Wagen daneben fanden sich Reste von Kleidung und persönlichen Habseligkeiten. Pagliaro griff nach der Handtasche – mit dem Handy, den Kaugummipapierchen, Augentropfen und dem Kondom –, um sie Parrish und Radick zu zeigen. Radick nahm die kleine Plastiktasche mit dem Schülerausweis entgegen.

Der Rechtsmediziner, ein jovialer, rotgesichtiger Mann Mitte vierzig, stellte sich vor.

»Andrew Kubrick«, sagte er und fügte grinsend hinzu: »Nicht verwandt mit Stanley.«

»Wen haben wir hier?«, fragte Parrish mit einem Blick auf den Schülerausweis. »Ist es tatsächlich Melissa Schaeffer?«

»Ich weiß es noch nicht«, erwiderte Kubrick. »Allerdings weiß ich mit Sicherheit, dass die Schädelmorphologie und die Größe der Oberschenkelknochen auf eine Weiße mit einer Körpergröße von ungefähr einem Meter sechzig und einem Gewicht zwischen fünfundvierzig und fünfzig Kilo hindeuten.«

Kubrick nahm den Schädel in die Hand, der schon von der Wirbelsäule abgetrennt war. »Es gibt eine verbindende Nahtstelle aus Gewebe zwischen den vorderen und seitlichen Schädelknochen. Wenn wir älter werden, schließt sich die Naht, und wie weit diese Sutur geschlossen ist, liefert uns einen Hinweis auf das ungefähre Alter. Diese junge Dame? Ich würde sagen, irgendwo zwischen sechzehn und neunzehn.«

»Irgendwelche Hinweise auf die Todesursache?«, fragte Radick.

»Strangulation«, erklärte Kubrick in nüchternem Ton.

»Woher wissen Sie das?«

»Wissen Sie, was das Zungenbein ist?«

»In der Kehle?«

Kubrick deutete auf eine Stelle an seinem Hals. »Ein hufeisenförmiger Knochen, der einzige im menschlichen Körper, der mit keinem anderen Knochen ein Gelenk bildet. Sitzt zwischen dem Kinn und dem Schilddrüsenknorpel. Ein wirklich empfindlicher kleiner Knochen, der in ungefähr dreißig Prozent aller Fälle von Strangulation gebrochen wird. Diese junge Dame wurde stranguliert, keine Frage. Es gibt keine anderen gebrochenen Knochen, keine Hinweise auf Verletzungen am Schädel.«

»Und seit wann ist sie tot?«, fragte Parrish.

»Ich würde sagen, seit zwei, vielleicht zweieinhalb Jahren. Die Mülltonne war nicht luftdicht, so viel ist sicher. Sie hat sich dort einfach zersetzt, so ähnlich, als hätte man sie begraben. Verrottete Kleidungsstücke, verwestes Fleisch. Außerdem ist Wasser eingedrungen und hat das Seine dazugetan.«

»Die Tonne wurde in einer Seitengasse am Ende der Bay Street gefunden«, sagte Pagliaro. »Irgendein Penner hat sie mit einem Einkaufswagen umgekippt, wobei sich der Deckel löste. Er war ursprünglich mit einem inzwischen verrosteten Draht befestigt. Sobald die Tonne fiel, brach der Boden heraus, und sie lag da.«

»Ist es realistisch, dass so eine Tonne zwei Jahre in einer Gasse steht, ohne dass jemand etwas bemerkt?«, fragte Parrish.

Pagliaro setzte einen Gesichtsausdruck auf, der auszudrücken schien: Wer weiß? Kubrick zuckte die Achseln und sagte: »Keine Ahnung. Vielleicht hat die Tonne die ganze Zeit über dort gestanden, vielleicht bloß eine Woche. Der Deckel war mit Draht befestigt, wie Ihr Kollege schon sagte, und wenn das Ding dort bei anderen Mülltonnen und Containern stand, glaube ich nicht, dass zwangsläufig jemand den Verwesungsgeruch bemerkt hätte. Durch den verschlossenen Deckel sind die Ratten abgehalten worden, das steht fest, aber ansonsten … Teufel auch, die Tonne hätte die ganze Zeit über dort stehen können, ohne jemandem aufzufallen.«

»Wie können wir das Mädchen formell identifizieren?«, fragte Radick.

»Das können wir nicht«, sagte Kubrick.



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